Warum bin ich so emotional engangiert, wenn es um die Flüchtlingsdebatte geht?
Wäre ich dies nicht, dann hätte ich meinen Beruf verfehlt. Geschichte
und Sozialkunde am Gymnasium unterrichte ich nicht, damit ich
irgendetwas unterrichte, sondern weil ich mich mit diesen meinen Fächern
und somit mit den hintergründlichen Fachwissenschaften tief verbunden
fühle. Meine SchülerInnen wissen das.
Ich habe die Hoffnung, dass
sich der ein oder andere seiner "Auswüchse" bewusst wird und seine
"asylkritische" Haltung überdenkt. Auf ausländische Kinder urinieren
oder Sporthallen anzünden ist keine "Asylkritik" mehr. Ohne diese
Hoffnung bräuchte ich nicht mehr unterrichten.
Rechte Gruppierungen
machen sich Sorgen "besorgter Bürger" zunutze, die meist auf fehlender
Aufklärung beruhen, um sie für ihre Zwecke zu missbrauchen. Leider
durchblicken viele dieser Bürger nicht die eigentlichen Beweggründe
dieser Gruppen. Die Parallele zu vor 70 Jahren ist hier sehr wohl zu
ziehen. Wer sich mit Geschichte befasst, weiß das. Ich glaube auch, dass
sich viele derer, die irgendwie auf diesen Zug aufspringen, tatsächlich
nicht als "rassistisch" sehen. Aufklärung, die in deren Köpfen ankommt,
täte hier Not, denn ich bin überzeugt, so abgedroschen es klingen mag,
sie sind tatsächlich überzeugt, sie wären es nicht. Ich weiß, dass es
kaum möglich sein wird, verblendete, festgesetzte Überzeugungen zu
ändern. Ich stünde trotzdem zur Informationsbeschaffung und -weitergabe
bereit. Angebot steht.
Es gibt Menschen, die sich auf Grund ihrer
Lebenssituation von Politik und auch Mitmenschen im Stich gelassen
fühlen, so ist es oft ein Leichtes sich jemand Schwächeren zu suchen, um
seine Unzufriedenheit zu kanalisieren; oft spielen hier auch mangelndes
Selbstbewusstsein und fehlendes Wissen eine Rolle. Ich kann
nachvollziehen, dass eine alleinerziehende Mutter, die Schwierigkeiten
mit dem Amt hat, unzufrieden ist. Aber ein Flüchtling nimmt ihr weder
Geld, noch Wohnung, noch Arbeit weg. Die Welt ist nicht schwarz und
weiß, so einfach ist es nicht.
Rechtsextreme Gruppierungen haben des
Weiteren nicht nur ein Problem mit Ausländern, sondern grundsätzlich
mit dem "Anderssein" -- homosexuell, behindert. Gerade letzteres sollten
die, die unsere Familie kennen, zum Denken auffordern, und sich, wenn
es nicht verstanden werden will, von uns fernhalten. (Mein Kind kostet
dem Staat so viel Geld im Jahr, da kann kein Asylbewerber mithalten)
Dass Obdachlose in dieser "Debatte" als Gegenstück zu Asylsuchenden
missbraucht werden, ist ein Unding. Im Normalfall hat sich keiner derer,
die plötzlich am rechten Rand herumschwänzeln, bisher für die
"deutschen" Obdachlosen interessiert. Meist sind es die, die voher noch
wetterten, dass es "beim Adolf nicht so viele auf der Straße gab"...
Auch die Debatte "Wirtschaftsflüchtlinge" vs. "Kriegsflüchtlinge" macht
wenig bis keinen Sinn. Der rechte Mob unterscheidet nicht. Nie.
Außerdem ist der Begriff des Wirtschaftsflüchtlings sowieso schwierig,
zB Westbalkan: wer sich mit den Vorkommnissen der letzten Jahrzehnte
dort auseinander setzt wird merken: auch hier gibt es nicht schwarz oder
weiß.
Natürlich darf man in Frage stellen, man muss es sogar, ob
die europäische Asylpolitik so funktioniert, ob ein Weiterreichen der
Flüchtlinge von einem Land zum nächsten ein gemeinsames europäisches
Handeln darstellt, ob eine Ghettoisierung, wie zB in Rückführungslagern,
Sinn macht (denn Ghettoisierung bringt Gewalt mit sich -- zu erklären,
warum , ist sicher nicht nötig), man darf in Frage stellen, ob die
Politik richtig handelt, wenn sie schweigt, wenn sie denen, die eben
nicht genug wissen, nichts erklärt, Etc etc. Aber sich gegen Menschen zu
stellen, wie in Freital, in Heidenau, wie z.B. die Rechten den Kindern
gegenüber in der U-Bahn, das ist menschenunwürdig. Das löst keine
Probleme, es macht einen nur zu etwas Monströsem.
Wer sich politisch
orientierungslos sieht, neigt oftmals dazu, sich an Parteien am rechten
Rand oder noch weiter zu orientieren. Auch hier ist sehr wohl eine
Parallele zu den 20ern und 30ern diese Jahrhunderts zu ziehen. Bin ich
unzufrieden mit der Politik, habe ich die Möglichkeit der politischen
Teilhabe und somit der Veränderung, diese sollte man nutzen -- in
Parteien, die das Grundgesetz schützen, das 1949 unsere Grundlage wurde;
nicht in denen, die es aushebeln wollen -- denn das käme einer Diktatur
gleich.
In diesem Sinne:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art 3:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die
tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern
und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand
darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
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