„Genau
wie bei den Wahlen im Januar und dem Referendum im Juli könnte das
ungewisse Ergebnis der Neuwahlen zu einer weitere Periode politischer
Instabilität führen„, schreibt Stratfor und schildert, nachdem es die Neuwhlen auf einen ersten Blick als „schlechte Idee“
charakterisiert, was seit Januar 2015 bis heute vorausging – also die
Verhandlungen mit den (europäischen) Partnern, das Referendum, die
Kapitalverkehrskontrollen und die Vereinbarung – und betont:
„Das Letzte, was Griechenland braucht, ist eine neue Periode der mit den Wahlen in Verbindung stehenden Ungewissheit„.
Wahlkampf wird signifikante Reformen verzögern
Nach einer Rückschau auf die Parteiinterna der SYRIZA
und ihre beiden (divergierenden) internen Linien bezüglich des
Verbleibs in dem Euro und der Rückkehr zur Drachme, die (schließlich)
zur Spaltung der Partei führten, beschreibt Stratfor, wie Alexis Tsipras
zu der Entscheidung gelangte, das Land in Neuwahlen zu führen.
„Er
hatte grundsätzlich zwei Optionen. Die schnellstmögliche Durchführung
von Wahlen, bevor die schmerzhaften Austeritäts-Maßnahmen seine
Popularität zu korrodieren beginnen, oder bis Oktober (2015) zu warten,
wenn die Gläubiger das griechische Programm erneut untersuchen und
möglicherweise eine gewisse Form der Erleichterung der Verschuldung
gewähren (was eine Basiselement der Wahlkampagne Tsipras‘ war). Der
Premierminister entschied sich für die erste Option. Herr Tsipras
verlässt sich möglicherweise auf den Umstand, dass die Opposition
weiterhin schwach und gespalten ist und die ‚Partisanen‘ innerhalb der
SYRIZA nicht die Zeit haben, eine neue politische Partei zu bilden oder
zu einem einvernehmlichen Wahlprogramm zu gelangen.„
Jedoch charakterisiert Stratfor diese Entscheidung als einen „riskanten Zug„, da – wie erklärt wird – Tsipras einen sehr engen Zeitplan betreibt. „Im
September sollte Griechenland Reformen auf dem Energiesektor einführen
und parallel einen Zeitplan für die Privatisierung der Staatsunternehmen
vorlegen. Im Oktober sollte Griechenland zu einem Ergänzungshaushalt
für 2015 sowie auch den Haushaltsentwurf für 2016 gelangen. Und dies
parallel zu der Streichung der Steuerbefreiungen für die Landwirte und
die Einführung höherer Steuern für die Haushalte. Es ist
unwahrscheinlich, dass Griechenland signifikante Reformen während der
Dauer des Wahlkampfs vornehmen wird, der das Rettungsprogramm eventuell
ernsthaft gefährden wird.„
Die Neuwahlen führen wahrscheinlich zu noch größerer Ungewissheit
Stratfor charakterisiert den Zug des Premierministers als „äußerst riskant“ und meint, „die
politische Landschaft in Griechenland ist zersplitterter denn je.
Tsipras bleibt der populärste Politiker in Griechenland, die meisten
Meinungsumfragen zeigen jedoch, dass die SYRIZA nicht genug Sitze im
Parlament gewinnen werden wird, um eine eigenständige Regierung zu
bilden. Die – sich für das Rettungspaket aussprechende – Opposition wird
sich derweilen schwer tun, eine gemeinsame Front zu bilden. Die
konservative Nea Dimokratia (ND), die im linken Zentrum angesiedelte PASOK
und die im Zentrum angesiedelte Potami kämpften gemeinsam für das ‚Ja‘
bei dem Referendum, werden sich jedoch schwer tun, für die Wahlen eine
Allianz zu bilden. Zusätzlich ist wahrscheinlich, dass Tsipras diverse
seiner Gegner anziehen wird – indem er teilweise die Zwietracht zwischen
ihnen schürt, jedoch auch die Tür für eine mögliche Allianz nach den
Wahlen offen lässt.„
Stratfor führt auch noch einen weiteren Grund an, aus dem seines Erachtens der Gang zu den Wahlurnen Risiken birgt. „Tsipras‘
Entscheidung wird die Gläubiger Griechenlands wieder in eine schwierige
Lage bringen. Das griechische Rettungsprogramm ist in Ländern wie
Deutschland, Holland und Finnland umstritten. Diese Regierungen haben
erhebliches politisches Kapital in die Unterstützung des neuen
Hilfsprogramms für Athen investiert. Die vorgezogenen Neuwahlen und die
wegen dieser höchstwahrscheinlich verursachten Verzögerungen bei der
Umsetzung bestimmter Aspekte des Programms werden bei den
nordeuropäischen Abgeordneten noch mehr Skeptizismus hervorrufen. Und
dies stellt kein sekundäres Thema dar, da jede Auszahlung von einer
Bewertung des Verlaufs der Reformen begleitet werden muss. Wegen des
inländischen Drucks könnten die Regierungen beschließen, gegenüber
Griechenland bei der Beurteilung des Programms eine harte Haltung
beizubehalten.„
In diesem Sinn gelangt Stratfor zu der Schlussfolgerung: „Alexis
Tsipras hofft, dass die Neuwahlen ihm gestatten werden, die Einwände im
Inneren seiner Partei zu reduzieren und eine einvernehmlichere
Regierung mit einem klaren Auftrag zu bilden. Etwas solches könnte
geschehen, jedoch gibt es viele Risiken. Die größte mit den vorgezogenen
Neuwahlen verbundene Gefahr ist, dass Athen nach den Wahlen in eine
neue Runde komplizierter Verhandlungen geraten könnte, damit eine
Koalitionsregierung gebildet wird. Die Ironie des Zugs Tsipras‘ ist,
dass die vorgezogenen Neuwahlen für die Aufhebung der Sackgasse
notwendig sind, jedoch wahrscheinlich zu einer größeren Ungewissheit und
Instabilität führen werden.„
(Quelle: sofokleous10.gr)
(Text von Griechenland Blog)
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